Emanzipation mit Anstand und Hirn

03 April 2015
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Keimbildung ist auch eine Bildung

Der Volksmund sagt: Reisen bildet. Ich durfte mir bei meiner letzten Zugreise zumindest ein Bild von einer Reisegruppe machen, die sich aus Hochmut, Habgier, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Faulheit zusammen setzte. Die Sündensippe manifestierte sich in drei Frauen mittleren Alters.

Die drei verband eigentlich nur eines: Angst, den eigenen Verstand zu benutzen. Allerdings wissen wir, dass inzwischen alles so hergestellt wird, dass es nach zwei Jahren kaputt geht. Außer, man schont es. Man kann ja dem Vordermann nachlaufen und an seinem Hintern riechen. So entsteht jener Herdentrieb (Faulheit), welcher zur Folge hat, dass ein Mitarbeiter der australischen Einwanderungsbehörde persönliche Daten von Staats- und Regierungschefs, die am G20-Gipfel teilnehmen, per Mail weiterschickt. Und dieser Trieb erlaubt es außerdem Zug-Frau#3 Sätze zu sagen wie: „Ja, die Praktikantin hat schon gut gearbeitet. Aber weißt du, das war halt so eine … Du weißt schon. He, he. Muslim. Die hat unsere Schnitzel schon so komisch angeschaut. Hernach spuckt die uns ins Essen oder sprengt unsere Gäste weg. Für ihren Allah da. Und hernach müssen wir ihr dafür auch noch was zahlen.“

Die drei kicherten lautstark, während sie übergangslos darüber berieten, wonach Weißbier wohl schmeckt. Sie kamen bald darauf, dass es nach Weizen schmecke und heute auch warm verzehrbar sei, weil ihr Urlaub von der Welt und vor allem von ihren Männern beginne. Und diese „Action“ wiederum mache sie zu echten „Emanzen“.

„Ja“, kicherte Frau#1, „nur ohne Bart.“
Ich hätte gerne gesagt: Emanzipation bedeutet, dass Menschen die selben Rechte und Pflichten haben, egal an was oder wen sie glauben, woher sie kommen und welches Geschlecht sie haben – und egal, wie sich ihre Gesichtsbehaarung auswächst. Aber ich wäre nicht zu Wort gekommen. Denn sie kicherten wieder lautstark. Wer kann schon einer Frau böse sein, egal wie sie sich verhält, wenn sie kichert? O je, jetzt hat sich wieder mal die Emanzipation aus dem Fenster gestürzt. Man lässt sie aber nicht sterben, keine Angst.
Man reanimiert sie in Bundestagsreden, Thema Frauenquote.
Man missbraucht sie als Gütesiegel für KITAs als unvermeidliche Notwendigkeit und die moderne Systemmaschinerie, die Menschen in prekäre Beschäftigungen zwingt.
Man zerrt sie ins grelle Talkshowlicht, wenn es um Männer geht, die sich gern schminken. Denn da braucht ein Mann schon eine gute Entschuldigung!
Man hält sie als verbales Zellophan vor Frauen, die sich gegen Bezahlung in der Öffentlichkeit nackt ausziehen und tanzen. Außer, die Frauen ziehen sich unentgeltlich für Frauenrechte aus. In diesem Fall sind das Weiber, die spinnen, weil sie lang keiner mehr richtig „durchgeräumt“ hat.

Und vor allem erklärt der Massenwahnsinn die Emanzipation zur Muse und zum Grundsatz von Druckwerken wie „Fifty Shades of Grey“. Das spreche nämlich so voll irgendwie den Frauen aus der Seele. Und Frauen hätten doch so eine große, unverständliche und zarte Seele. Die werde also auch gestärkt, samt den darin wohnenden „geheimen“ sexuellen Wünschen. Über letztere, hört man oft und oft von Männern, wisse die Frau an sich nämlich gar nichts. Wollust und Völlerei sind in.

Frau#2 sagte denn auch: „Die junge Weiber können mit den Shades gar nix anfangen. Die kriegen ja noch nicht mal einen richtigen Orgasmus. Aber das gönne ich ihnen und ihren alten, geilen Böcken.“
Frau#3: „Wie lange seid ihr jetzt eigentlich schon geschieden?“
Frau#1: „Und ist er mit seiner Neuen noch zusammen?“
Schwesternschaft und Brüderlichkeit, ohne Zorn, Selbstsucht und Neid, kann es nur in einer emanzipierten Gesellschaft geben. Stattdessen neiden wir den Griechen die Sonne und geizen hinsichtlich Flüchtlingen bei dem Wenigen, was sie bekommen, um nicht zu verhungern.
Frau#1: „Also mein Carlos, der mag ja nur reife Frauen. Der ist so richtig... Und sein Körper! Da können eure Männer nicht mithalten.“   
Frau#3: „Ja, aber… also, ich will nicht sagen, dass er blöd ist. Aber ein intellektueller Mensch, der sich für seine Umwelt interessiert, der ist anders.“
Frau#1: „Wie meinst du das denn?!“
Frau#3: „Äh... nein, er hat wirklich einen schönen Körper. Das tut dir gut.“
Frau#1: „Ja, aber stell dir vor, was die Schmidt letztens im Büro gesagt hat! Die hat gesagt, dass er dumm ist!“
Frau#3: „Die Alte ist doch verbittert!“
Frau#2: „Also meine Tochter, die wird auch so richtig verbittert. Die ist immer noch beleidigt, bloß weil ich ihr einen Monat zu früh zum Geburtstag gratuliert habe. - Ich meine, ich als Mutter, darf doch auch ein eigenes Leben haben, oder?“
Frau#3: „Also ich bin in bei meiner Mutter hochsensibel. Da hab ich mich erst ganz spät emanzipiert.“

Mütter sollen heutzutage die totalen Hüter des Leistungspotenzials ihres Nachwuchses sein. Besonders ihre Töchtern sollen sie fördern („Aber mehr so, wie einen Freundin, man muss schließlich auch an sich selber denken.“), damit sie mit drei Klavier spielen können, später bei Germanys Next Topmodel durchs Bild flirren, vielleicht irgendeinen Bachelor machen und dann den Bachelor auf RTL anmachen. Ist ja wurscht, Hauptsache sie macht was mit Medien.

Und die Jungs? Ach, die können sich das doch selber aussuchen. Schließlich strahlt man für die genauso die Rattenfänger-Spots der Bundeswehr aus, wie für Mädchen.
   
Aber zurück zu den Frauen. Wir fuhren an viel Wald und viel Wiese vorbei, als Frau#2 krähte: „Wir sind da! Es ist zwölf! Wir kommen am Hauptbahnhof an.“ Daraufhin sprangen die drei auf, verschütteten ihre Biere und schulterten allerlei Reisegepäck, welches sie dabei gackernd und kichernd an Instrumente, Körperteile und Sitze ihrer Mitreisenden schlugen. Nachdem die drei erkannt hatten, dass wir durch einen Wald fuhren, setzten sie sich lachend. Ihr Gepäck stellten sie in den Gang.

    Eine ältere Frau hinter ihnen traute sich zu sagen: „Entschuldigung, aber Sie versperren hier alles. Mein Mann ist nicht gut zu Fuß, der kann da nicht drüber steigen.“
    Frau#3: „Also hören Sie mal! Wir haben genauso ein Recht auf den Zug wie Sie!“
    Frau#2: „Lass die doch. Die ist bloß neidisch, weil wir emanzipierte Frauen sind, die sich ein schönes Leben machen. Und sie muss für ihren Alten den Dackel spielen.“
    Frau#1: „Diese Alten. Nichts mehr leisten, aber alles wollen. Die kriegen wenigstens noch Rente.“

In Wirklichkeit wird der Begriff „Emanzipation“ also dafür benutzt, um hochmütig Frauen und Männer zu unterdrücken. Besonders durch die Bloßstellung bei GNTM oder DSDS. Und dies obendrein ungleich; manche mehr, manche weniger.

Die Ungleichheit lässt sich vor allem durch Angst aufrecht erhalten. Angst gegenüber dem Fremden und der eigenen Verantwortung. Diese Angst schürt die politische und wirtschaftliche Propaganda, bis sie hell lodernder Fremdenhass ist. Es ist also logisch, dass Filme über Außerirdische, welche nur die Zerstörung der Erde im (angeborenen) Sinn haben, so gut ankommen.

Das Ziel dahinter ist freilich (und wie schon oft erwähnt) staatliche und unternehmerische Kontrolle, damit der Mensch nicht aus der Reihe tanzt, sondern sich bildet, knechtet und viel Zeug kauft, mit dem er fleißig die Erde zuscheißt. Das Versprechen der Kontrolleure ist Sicherheit. Zum Beispiel, wenn der Terrorismus wieder diabolisch grinsend sein beturbantes Haupt erhebt.

Wir lassen besonders viel von dieser klebrigen Sicherheit über uns kippen, bis wir uns gar nicht mehr rühren können, wenn wir fliegen wollen. Fast nichts erfüllt den Menschen mit so viel Stolz und gleichzeitig Angst wie Flugreisen. Weswegen es sich die amerikanische Behörde für Flugsicherheit, TSA, herausnehmen kann, Räuspern, Schlucken, Hautfarbe oder Starren als verdächtiges Verhalten einzustufen. Logisch, jemand der kein Terrorist ist, hat auch keinen Frosch im Hals. Ist das so schwer?

Auch wer den Flughafenangestellten Fragen zur Sicherheit stellt, gilt als verdächtig. Der Antiterrorist ist also (hirn)tot oder zumindest komatös. Dann kann ihm wenigstens nichts mehr passieren, falls ein Terrorist zusteigt und aus reiner Bösartigkeit (auch angeboren) mit Shampoo und Smoothies alle in die Luft sprengt – allerdings haben wir vor kurzem zu unserer aller Überraschung gelernt, dass es noch mehr Gefahren bei Flugreisen gibt. - Ja, und auch Daten werden nicht immer gehackt, sondern von Mitarbeitern einfach so herumgeschickt.

Die drei Frauen sind vor mir ausgestiegen. Und über meine Erleichterung bin ich ein wenig erschrocken. Denn auch das ist Hochmut. Aber wie soll man zu jemandem auf die Schnelle durchdringen und ihm den Grundsatz von Anstand erklären?

Die Todsünden tragen ihren Namen indes nicht aus Spaß an der Freude. Sondern weil sie jeden Gemeinschafts- und Gerechtigkeitssinn abtöten. Was von so einer unemanzipierten Gesellschaft übrig bleibt, wenn sie zur nächsten Spaßstation gezogen ist, sind Bierlachen, Haare, Schuppen und Essensreste in Plastik. Diesen Dreck darf anschließend ein Mensch wegputzen, der weder das Glück hatte als Mittelstandsweißer geboren zu werden, noch in deren Köpfen als Mensch existiert. Wenn dieser Mensch Glück hat, kann er unentdeckt ein paar Pfandflaschen einstecken. Man fragt sich nicht, warum der gebuchte Sitzplatz sauber ist. Man erwartet es. Schließlich sind wir hier in Deutschland und nicht in dem Land, aus dem die Menschen kommen, die unsere deutschen Sitze putzen.

Prosit, Schwestern und Brüder!

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Schlagwort :
Andrea Limmer

Freie Journalistin

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